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Elternblogs sind aus der Onlinewelt nicht mehr wegzudenken. Auch wenn dort – insbesondere auf Blogs von Müttern – auf den ersten Blick scheinbar nur über Babybrei, Windeln wechseln oder Kinderkrankheiten geplaudert wird, erfüllen sie doch eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Einige der aktuell 1500 deutschsprachigen Elternblogs sind so populär, dass ihre Betreiber von ihnen leben können.

Was treibt Mütter und Väter dazu an, über den Alltag mit ihren Kindern zu schreiben? Was sind ihre Themen und warum werden sie so gerne gelesen?

Warum Elternblogs für die Gesellschaft wichtig sind

Viele kinderlose Menschen mögen sie belächeln, doch so scheinbar banal Elternblogs, häufig auch Mommy-Blogs (es sind meist Mütter, die schreiben) genannt, zunächst wirken mögen, wollen gerade junge Eltern, die sich mit ihrem ersten Kind schnell überfordert fühlen, nicht mehr darauf verzichten. Bis vor 70 Jahren war es noch selbstverständlich, dass mehrere Generationen unter einem Dach lebten. Gab es Fragen, was Ernährung, Entwicklung oder Verhalten des Neugeborenen betrifft, standen Großmutter, Mutter oder Tante stets mit Rat und Tat zur Seite. Heute sind die Familien mobiler geworden, unterschiedliche Generationen haben sich dabei über mehrere Städte verteilt und als Konsequenz haben sich auch die sozialen Gefüge verändert. Mit der Folge, dass, falls das Kleine einmal Fieber bekommen sollte, aus unerfindlichen Gründen schreit oder sich einfach nicht so entwickeln will, wie es in der Ratgeberliteratur beschrieben wird, sich viele Eltern überlastet und allein gelassen fühlen. Der Druck, alles richtig machen zu müssen, ist im Vergleich zu früher demnach eher gestiegen. Wo es an Vorbildern fehlt, muss Ersatz gefunden werden und dieser findet sich heute in einer großen Vielzahl an Elternblogs.

Google-mutterblogs

Die Kleinkindpädagogin und Bloggerin Susanne Mierau bringt es bei ihrem Vortrag auf der re:publica 2014 auf den Punkt: „Früher wurden die Erfahrungen von Generation zu Generation weitergegeben. Heute müssen Eltern auf Wissen zurückgreifen, das sie selber nicht haben. Der Online Clan bietet die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen unterschiedlichster Herkunft und sozialen Kontexten zu vernetzen. Das vermittelt den Eltern Sicherheit und ein Gemeinschaftsgefühl, welches Zeitschriften und Fernsehsendungen nicht bieten können.“ Sie betont auch, dass Eltern mehr denn je unter öffentlicher Beobachtung stünden.

Der Stempel „Rabenmutter“ oder „Rabenvater“ ist schnell aufgedrückt. Elternblogs können dagegen helfen, sich mit anderen Familien auszutauschen und geben dabei unter anderem die Zuversicht, dass Trotzphasen oder Kinderkrankheiten völlig normal sind und irgendwann vorbeigehen.

Mama bloggt: Was Mütter und auch Väter antreibt, über ihr Leben mit Kindern zu schreiben

Mag es an der Langeweile liegen, am Mitteilungsdrang oder weil man sich einsam fühlt – es gibt viele Gründe, warum jemand einen Blog startet. Meist steht am Anfang die Frage: „Geht das nur mir so?“ Schnell stellen Eltern nach kurzer Zeit fest: Nein, auch andere Kinder schreien viel, können schlecht schlafen oder mögen bestimmte Sachen nicht essen.

>>> Lesetipp: Nähblogs – selber nähen und Stoff teilen ist einfach schön

Digitales Tagebuch: Erlebnisse verarbeiten und festhalten

Darüber hinaus macht es einfach Spaß, das Erlebte anhand von Geschichten und Bildern festzuhalten. Viele entdecken plötzlich ihr literarisches Talent und freuen sich, andere mit ihren Erlebnissen begeistern zu können. Außerdem hilft es oft, den Alltag mit Kindern erst richtig zu verarbeiten. „Erst wenn ich über irgendetwas gebloggt habe, ist es fertig verdaut“, erklärt Jana Friedrich, Betreiberin des erfolgreichen Berliner „Hebammenblog“ in einem Interview mit dasnuf.de. So zeigt sich, dass Blogs nicht nur eine gesellschaftlich-pädagogische, sondern auch eine Art Tagebuchfunktion haben. Wer nach zehn Jahren seinen Blog noch einmal Schritt für Schritt durchgeht, die Fotos betrachtet und Texte dazu ließt, kann seine Kinder noch einmal aufwachsen sehen.

Rollenbilder im Wandel

Während für Mütter Elternblogs eine wichtige Ersatzfunktion aufgrund der sich veränderten gesellschaftlichen Strukturen bieten, erfüllen Väterblogs eine neue, wichtige Aufgabe. Für sie gibt es keine geeigneten Rollenmodelle, auf die sie zurückgreifen können, sondern es liegt an ihnen, sie quasi in Echtzeit neu zu erschaffen. Bloggende Väter haben die „Macht“, das veraltete Bild vom abwesenden Vater, der allein für den Broterwerb zuständig ist, ein für alle mal aufzulösen. Allen steht es frei, zu posten was und wie sie es für richtig halten. Nichts wird gestrichen, redigiert oder untersteht redaktionellen Einschränkungen. Ähnlich verhält es sich auch mit „Opa-Blogs“, „Queer-Blogs“ oder „Regenbogen-Blogs“. Sie alle erzählen davon, wie sich der Alltag mit neuen Familienmodellen meistern lässt. Und ihre steigende Zahl zeigt, dass Kindererziehung zum Glück längst nicht mehr nur Frauensache ist.

Alltag, Ernährung, Ausflüge – die großen Themen

Die Blogs „daily-pia“, „geborgen-wachsen“ oder „babykindundmeer“ gehören zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Mütterblogs. Die Betreiberinnen diskutieren darin weder hochtrabende pädagogische Konzepte, noch führen sie große familienpolitische Debatten. Das kommt zwar auch vor, doch ihnen geht es schlicht und einfach um die Nacherzählung ihres Alltags. Die Mütter wollen sich einfach ihren Tag von der Seele scheiben und teilen ihn mittels Fotostrecken, nachdenklichen, sorgenvollen oder einfach nur glücklichen Gedanken mit. Den Alltag mit Kindern meistern ist das, was zählt, Und es ist das, was andere Eltern interessiert.

Mama-Blogs: Rund um Schwangerschaft, Stillen, Baby und Elternschaft

Natürlich gehören Themen wie Schwangerschaft und Geburt genauso dazu wie die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Doch die Bloggerinnen halten ihre Einträge nah am Leben, auch wenn sie nicht selten über eine pädagogische oder medizinische Ausbildung verfügen. Ratgeberliteratur gibt es genug, doch die Elternblogs haben gerade wegen ihres nicht-professionellen Zugangs zu den Themen die Stärke, ihren Lesern ein Stück Normalität und Authentizität zu vermitteln. „Alltag ist ein wichtiges Kulturgut“, betonte auch Susanne Mierau bei ihrem Vortrag auf der re:publica. Ein Teil dieses Alltags, wenn auch oft idealisiert und mit Fotofiltern geschönt, ist eben im 21. Jahrhundert vom heimischen Wohnzimmer ins World Wide Web gerückt.

 

Elternblogs – Alltag mit Kind und Familie, Beruf und Familie, Eltern sein uvm.

- Artikel vom MDcuMDkuMjAxNQ==

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