Sabbatical – Raus aus dem Alltag © Tomasz / Adobe StockMein Leben / Psyche

Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem der übliche Urlaub einfach nicht mehr genügt, um sich vom Stress im Job zu erholen und Zeit für sich selbst zu finden. Wie schnell sind zwei Wochen vorübergegangen und wie kurz hält der Erholungseffekt letztendlich an, wenn uns der Alltag wieder in seinen Fängen hat? Viel Raum bleibt bei der meist knapp bemessenen Urlaubszeit nicht, um endlich die Dinge anzugehen, die uns persönlich wichtig sind und für die sonst nie die Zeit vorhanden ist.

Als Lösung bietet sich ein Sabbatical an: Eine längere Auszeit vom Berufsleben und von dem gewohnten Umfeld, für ein paar Monate oder sogar ein ganzes Jahr. Hauptsache, raus aus dem Alltag. Der Weg von der Idee bis zur Verwirklichung ist aber weniger leicht, als viele denken mögen.

Auszeit mit Bedacht

Unüberlegt oder übereilt angehen, sollte das Sabbatical niemand. So verlockend die Aussicht auf eine verlängerte Auszeit vom Job auch klingt, so wenig ist das eine Angelegenheit für spontane Entschlüsse. In vielen Fällen ist überhaupt erst einmal zu klären, ob die Möglichkeit aus Sicht des Arbeitgebers generell besteht.

Und das ist nicht der einzige Punkt, der vorab dringend geklärt werden muss. Das „normale“ Leben läuft schließlich ungeachtet der persönlichen Abwesenheit weiter und damit auch solche „Kleinigkeiten“ wie Versicherungen. Ganz zu schweigen davon, dass ein Jahr ohne Arbeit finanziert sein will. Die angenehmste Frage bei der Entscheidung für ein Sabbatical ist wiederum die, wie die gewonnene Zeit genutzt werden kann. Was tun mit so viel Freiheit?

Vom traditionellen šabbat zum modernen Sabbatical

Die Sabbatical-Idee ist übrigens keineswegs so neu, wie sie bei Diskussionen um eine langfristig ausgeglichene Work-Life-Balance und bei Ratschlägen über Wege zur Selbstverwirklichung neben dem Berufsleben hin und wieder erscheint. Der Ursprung liegt im Hebräischen: „šabbat“ bedeutet „innehalten“. Im jüdischen Glauben bezeichnet der Sabbat daher unter anderem den heiligen Ruhetag in der Woche, an dem nicht gearbeitet werden soll. Im Prinzip ist das ein Sabbat „im Kleinen“, denn die Tora rechnet in größeren Zeiträumen – nach sechs Jahren voller Arbeit soll ein ganzes Jahr Ruhezeit gehalten werden. Dabei geht es aber nicht nur darum, Ressourcen zu schonen. Ein wichtiger Aspekt ist daneben die Kontemplation, die Besinnung.

Im beruflichen Kontext spielt das zwar auch eine Rolle, ist aber nicht mehr der Hauptzweck. Für die meisten steht die Erholung im Mittelpunkt, damit der Stress im Job nicht überhandnimmt. Fast genauso wichtig ist der Wunsch zu reisen. Darüber hinaus sehen viele die Auszeit als Möglichkeit, um in ihrem Leben eine neue Richtung einzuschlagen.

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Reisen ist einer der Hauptgründe für ein Sabbatical. © olezzo / Adobe Stock

Zwischen Wunsch und Anspruch

Einziges Problem: Damit der Wunsch Wirklichkeit wird, müssen die Voraussetzungen stimmen. Sabbaticals sind zwar heute sehr beliebt und relativ weit verbreitet – nur ist der Anspruch darauf in den allermeisten Fällen nicht in feste Regeln gefasst. Eine Ausnahme sind hierbei Beamte und Angestellte im Öffentlichen Dienst. Für diese Berufsgruppe ist die Möglichkeit des Sabbatjahrs sogar schon seit den 1980ern im Arbeitsrecht verankert.

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Alle anderen Arbeitnehmer müssen die eigene Auszeit mit ihrem Arbeitgeber aushandeln, selbst wenn es unter den Kollegen und Kolleginnen bereits einige gibt, denen ein Sabbatical gestattet wurde. In der freien Wirtschaft wird üblicherweise von Fall zu Fall zu entschieden, ob eine längere Pause ermöglicht werden kann. Nachvollziehbar, denn der Arbeitgeber muss die fehlende Arbeitskraft auffangen und nach dem Ende der Sabbatzeit womöglich personell gänzlich neu planen, falls es keine Rückkehr zum alten Job geben sollte.

Warum und wie? Die wichtigsten Fragen zum Sabbatical

Wichtig ist deshalb, dem Arbeitgeber plausibel zu machen, warum ein Sabbatical auch für ihn ein Vorteil ist. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die freie Zeit für eine Reise genutzt wird, die das Ziel hat, die Sprachkenntnisse zu verbessern. Oder wenn statt Vollzeit-Entspannung eine Weiterbildung geplant ist.

Modelle für das Sabbatical

Neben nachvollziehbaren Gründen ist die nächste zentrale Frage, wie eine berufliche Auszeit in der Praxis umgesetzt werden kann. Das will selbst für einen kurzen Zeitraum eindeutig geklärt sein. Prinzipiell sind verschiedene Lösungen denkbar, mit sehr unterschiedlichen Vor- und Nachteilen:

  • Sonderurlaub kann für die Dauer von bis zu einem Monat genehmigt werden. Das ist natürlich vergleichsweise wenig Zeit. Dafür gibt es hierbei die wenigsten Probleme – das Beschäftigungsverhältnis bleibt bestehen, ebenso wie die Sozialversicherung.
  • Bei unbezahltem Urlaub sind auch mehr als vier Wochen Auszeit drin, allerdings gilt das Arbeitsverhältnis dann als ruhend. Entscheidender Nachteil: Alle zentralen Versicherungen müssen selbstständig geregelt werden.
  • Möglich ist auch, auf einen Teil des Lohnes zu verzichten. Das bedeutet zwar Vollzeitarbeit für ein Teilzeitgehalt (75 Prozent), dafür ist das Sabbatical finanziell abgesichert und das Arbeitsverhältnis bleibt weiterhin bestehen.
  • Ähnlich funktionieren Arbeitszeit- und Zeitwertguthaben. Mit dem Unterschied, dass hierbei Mehrleistungen – in Form von Überstunden beziehungsweise von finanziellen Zusatzleistungen – angespart werden. Das Modell funktioniert aber nur, wenn ein Unternehmen die Arbeitszeiten wirklich erfasst oder diese Mehrleistungen (Boni, Weihnachtsgeld und so weiter) an die Mitarbeiter ausgibt.

Unabhängig davon, welche Lösung mit dem Arbeitgeber vereinbart werden kann – und dabei sollten grundsätzlich alle Details (genauer Zeitraum, Vertretung während der Abwesenheit und ähnliche Themen) schriftlich vereinbart werden –, stellt sich die Frage nach dem persönlichen Finanzbedarf für das Sabbatical.

Die Finanzierung des Sabbaticals

Eine der wichtigsten Fragen ist die nach den anfallenden Kosten. Die Antwort: Das kommt natürlich ganz darauf an, wie lange die Auszeit dauern soll und welche Pläne dafür anstehen. Eine mehrmonatige Reise um die Welt ist verlockend, aber eben auch teuer. Zu erwartende Ausgaben möglichst genau im Voraus zu kalkulieren, ist deshalb unerlässlich. Was sich in Sachen laufende Kosten für die Dauer des Sabbaticals einsparen lässt – zum Beispiel die Miete –, sollte auch wirklich eingespart werden. Zwischenmieter können dabei erheblich helfen, außerdem entfällt so die Kündigung der Wohnung.

Im Zweifelsfall und zur eigenen finanziellen Sicherheit bleibt immer noch ein Kredit als Lösung. Ob das Geld aus dem Kredit am Ende tatsächlich benötigt wird, ist eine andere Frage. Ein solches Back-up verhindert aber bei unvorhergesehen Ausgaben finanzielle Schwierigkeiten, sollten die eigenen Mittel bereits knapp geworden sein. Es empfiehlt sich allerdings, im Vorfeld genaue Informationen zu den Konditionen einzuholen, damit ein Darlehen zur Absicherung nicht nachträglich zur zusätzlichen Belastung wird.

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An die Altersvorsorge sollte man übrigens auch denken. Die leidet bei einem unbezahlten Sabbatjahr nämlich ganz erheblich, auch wenn sich die Folgen erst mit dem Eintritt in das Rentenalter bemerkbar machen. Je nach Übereinkunft mit dem Arbeitgeber sollten daher Vorkehrungen getroffen werden, um bei Sozial- und Rentenversicherung keine zu gravierenden Abschläge hinnehmen zu müssen.

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Zeit für sich selbst, für neue Hobbys, für vernachlässigte Talente finden: Auch dafür wird ein Sabbatical gerne genutzt. © Gorodenkoff / Adobe Stock

Was tun mit all der freien Zeit?

Sobald die kritischen Fragen geklärt sind, geht es an den angenehmeren Teil der Planung: Womit soll die gewonnene Zeit gefüllt werden? Wie schon gesagt, stehen Reisen immer hoch im Kurs, denn ein Urlaub lässt selten genug Zeit, um sich einmal wirklich tiefgehend und erschöpfend mit dem Traumziel und seinen Eigenheiten auseinandersetzen zu können. Trotzdem sind solche Erlebnisse nur eine von unzähligen Möglichkeiten. Es geht vielen nicht nur darum, andere Dinge zu sehen, sondern sie auszuprobieren. Das können ganz persönliche Projekte sein: eine aufgeschobene Renovierung in den eigenen vier Wänden, die Umgestaltung des Gartens, ein neues Hobby, eine neue Sprache.

Genauso denkbar sind aber Erfahrungen in völlig neuen Bereichen, die absolut nichts mit der sonstigen Tätigkeit im Beruf zu tun haben. Etwa durch Freiwilligenarbeit. Die kann sowohl in Deutschland bei einer großen Zahl an Organisationen geleistet werden oder im Ausland. „Voluntourism“ hat den Vorteil, Reisen und das Leisten eines wichtigen Beitrags zum Wohl der Allgemeinheit miteinander verbinden zu können. Wichtig ist aber, sich vorher intensiv mit dem Thema Freiwilligendienst im Ausland auseinanderzusetzen – nicht jedes Angebot ist seriös. Hilfestellung gibt es aber unter anderem beim Wegweiser Freiwilligenarbeit. Damit geht die Unterstützung wirklich in sinnvolle, nachhaltige Projekte. Abgesehen von dem Gefühl, etwas bewirkt zu haben, macht sich ein solcher Aufenthalt auch gut im Lebenslauf. Aber das ist letztlich nur ein positiver Nebeneffekt.

Rückkehr zum Alltag

Obligatorisch, wenn auch am Anfang noch in weiter Ferne gewähnt, ist die Planung der Rückkehr aus dem Sabbatical. Selbst während einer relativ kurzen Auszeit kann schließlich viel passieren, im Beruflichen wie im Privaten. Sinnvoll ist daher ein schonender Übergang, besonders für alle, die ihre Sabbatzeit im Ausland verbracht haben. Im Idealfall sind die Regelungen für den Neustart am Arbeitsplatz schon frühzeitig getroffen worden, so dass das Wiedereinarbeiten einigermaßen problemlos vonstattengeht. Auf Veränderungen sollte man sich trotzdem einstellen: neue Kollegen, neue Aufgaben, neue Atmosphäre.

Nicht zu vergessen, die Veränderungen, die sich bei einem selbst eingestellt haben und die jetzt womöglich für einen neuen Blickwinkel auf den Job verantwortlich sind – und eventuell zu einem völligen Umdenken führen, wie es bei Bloggerin Sarah der Fall war. In jedem Fall wird vieles anders sein, besser nach Möglichkeit. Falls es doch anders kommt, hat das Sabbatical hoffentlich genug Einsicht, Kraft und innere Ruhe gegeben, um alle neuen (oder alten) Herausforderungen zu meistern.

- Artikel vom MDcuMTIuMjAxOQ==

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