
Estland als kleinster und geographisch nördlichster Staat des Baltikums ist immer noch ein Geheimtipp, der die Reise lohnt. Helle Birken- und Kiefernwälder, kristallklare Flüsse, kilometerlange Sandstrände, verwunschene Hochmoore – Estland ist ein wahrhaftes Naturparadies. Ein kurzer, spontaner Trip nach Estland, der einen ersten Eindruck vermittelt, ist genauso sinnvoll wie ein langer Erlebnisurlaub, bei dem der Reisende die unterschiedlichen Facetten des Landes entdecken kann. Auch in Form unseres Beitrages wollen wir Estland in gewohnt packender und gründlich recherchierter Weise erkunden.
Baltisch interessierte Urlaubsforscher können sich uns sehr gern lesend anschließen und mehr über das außergewöhnliche Estland und seine Kultur samt der folkloristischen Tradition erfahren. Entdecken Sie mit uns eine wilde Natur und touristisch noch nicht übererschlossene Städte, wie sie heute selten in Europa zu finden sind.
Übersicht
- Urlaubsvorbereitung – die wichtigsten Reiseinfos für Estland
- Landleben zwischen wilder Natur und folkloristischer Tradition
- Estlands stiller Peipussee
- Estlands Hauptstadt Tallinn – zwischen hanseatischer Kultur und Moderne
- Tallinn – die alte Hansestadt Reval
- Genießen Sie einen unvergesslichen Urlaub in dem Geheimtipp-Reiseland Estland
Urlaubsvorbereitung – die wichtigsten Reiseinfos für Estland
Ebenso wie die baltischen Staaten Litauen (lesen Sie hierzu gern unseren Beitrag „Litauen – Traumziel für Aktiv- und Kultururlauber“) und Lettland ist Estland seit 2004 Mitglied der EU. Die Einreisebestimmungen unterliegen seit 2007 dem Schengener Abkommen. Ein gültiger Reisepass, Personalausweis oder vorläufiger Personalausweis reicht für die Einreise in Estland aus, es gibt keinerlei Beschränkungen. Für einen Abstecher ins benachbarte Russland indessen, beispielsweise bei einem Besuch des Peipussees (des zwischen Estland und Russland gelegenen Binnengewässers), wird jedoch ein Visum benötigt.
Seit 2011 ist Estland Mitglied der Eurozone und hat als erster baltischer Staat die Euro-Währung eingeführt. Lettland folgte 2014, Litauen 2015. Beim Urlaub in Estland können Reisende trotzdem günstig einkaufen und ausgehen: Das Durchschnittseinkommen in Estland ist relativ niedrig. Daher liegen die Preise unter denen vieler anderer europäischer Staaten.
Hinweis für die Reise mit einem Mietwagen: Der EU-Führerschein ist in Estland gültig. Empfohlen wird zusätzlich die „Grüne Karte“, das heißt die Internationale Versicherungskarte, um in Estland im Falle eines Unfalls ausreichend versichert zu sein.
Auch eine angemessene Krankenversicherung ist notwendig. Von der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten Versicherte die europäische Krankenversicherungskarte EHIC. Diese deckt allerdings nicht alle Risiken ab, wie zum Beispiel den Rücktransport im Krankheitsfall. Das deckt nur die Auslandskrankenversicherung.
Landleben zwischen wilder Natur und folkloristischer Tradition
Estland gilt als Land der Inseln und Wälder. Mehr als 1 500 Inseln umgeben die fast 3 800 Kilometer lange Küstenlinie des Landes. Die größten Eilande sind die Inseln Saaremaa und Hiiumaa an der Westküste. Das Landesinnere besteht zu über 50 % aus Wald. Zum Vergleich: Im waldreichen Deutschland sind etwa 30 % der Landesfläche von Bäumen bedeckt.
Auch die zahlreichen Seen und weitläufigen Moore prägen die Landschaft. Estland besitzt ebenso viele Seen wie Inseln, um die 1 500. Der größte See ist der Peipussee im Osten des Landes, der sowohl zu Estland als auch zu Russland gehört. Bemerkenswert ist der Ort Kauksi am Nordufer des Peipussees. Dort befindet sich ein schöner Sandstrand mit dem sogenannten „singenden Sand“, einem Kieselstein-Sand, der beim darüber Laufen ein charakteristisches, „singendes“ Geräusch erzeugt.
Das wilde Estland hautnah erleben
Wilde Natur erleben Urlauber außerhalb der touristisch erschlossenen Gebiete. Die Landschaften sind unberührt und Reisende könnten Bären, Wölfen, Luchsen, Elchen und sogar einigen Rentieren in freier Wildbahn begegnen. Wer wandern will, sollte dabei also Vorsicht walten lassen und sich am besten innerhalb einer größeren Gruppe bewegen.
Zu den Ausflugs-Highlights für Naturliebhaber, Entspannungs- und Aktivurlauber gehören:
- Haapsalu an der estnischen Westküste – ein wunderschönes Seestädtchen und ein beliebter Kurort.
- die Kaali-Meteoritenkrater auf der größten estnischen Insel Saaremaa an der Westküste.
- der Soomaa-Nationalpark, in dem Estlands fünfte Jahreszeit, das Frühjahrshochwasser, miterlebt werden kann.
- die Ruinen der Burg Toolse an der Ostseeküste im Norden des Landes.
- der Suur Munamägi, mit 318 Metern Estlands höchster „Berg“.
- die Stadt Pärnu, die „Sommerhauptstadt“ Estlands.
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Auch Kihnu, eine kleine Insel vor Pärnu, ist einen Besuch wert. Das traditionell lebende Volk von Kihnu steht seit 2003 in der „repräsentativen Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ der UNESCO. Für die in Kihnu lebenden Menschen spielt die christliche Religion noch eine wichtige Rolle. An christlichen Feiertagen kommen zahlreiche Besucher auf die Insel, um an den alten Bräuchen teilzuhaben. Diese christliche Tradition ist bemerkenswert, da die Bevölkerung in Estland überwiegend konfessionslos ist und Religionen eine untergeordnete Rolle spielen; ganz im Gegensatz zu den anderen baltischen Staaten Litauen und Lettland. Die Esten sind der Natur verbunden und die estnische Folklore bezieht sich auf Rituale der alten Naturreligionen. Das ist eine einzigartige kulturelle Prägung, die mit den Traditionen in Irland und Island vergleichbar ist.
Die Tradition der estnischen Liederfeste
Einen besonderen Stellenwert hat in Estland der Gesang. Nachdem das Baltikum durch die sogenannte „singende Revolution“ von Russland unabhängig wurde, ist der gemeinsame Gesang ein wertvolles Kulturgut, das das Nationalbewusstsein des Landes stärkt. Alle 5 Jahre findet in Tallinn das Liederfest statt, zuletzt 2014. Tausende Menschen singen gemeinsam traditionelle und patriotische Lieder. Diese Liederfeste sind im gesamten Baltikum verbreitet und gehören seit 2003 zu den „Meisterwerken des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit“ der UNESCO.
Das traditionelle Gewinnen von Birkensaft beziehungsweise Birkenwasser
In Estland ist das Anzapfen der Birke in einer Zeitspanne von ungefähr zwei Wochen im Frühling ebenso Brauch wie in Lettland, Litauen, Finnland, Polen und in anderen nordeuropäischen Ländern. Noch vor dem Blattaustrieb wird dem Baum, der das Wahrzeichen Estlands darstellt, der farblose Birkensaft – auch Birkenwasser oder Mahla genannt – entnommen, dessen Geschmack als leicht süßlich zu bezeichnen ist. Dazu wird nicht weit über dem Boden ein kleines Loch in den Birkenstamm gebohrt, welcher einen Durchmesser von mehr als 25 Zentimeter aufweisen muss. Es sind also bereits größere Birken, die als Saft-Lieferanten dienen. Um dem Baum nicht zu viele Nährstoffe zu entziehen, soll die Bohrung, in die für die Entnahme ein Holz- oder Kunststoffröhrchen gesteckt wird, nicht tiefer als vier oder fünf Zentimeter in die Pflanze eindringen. Zudem darf das Loch nicht größer als zwei oder drei Zentimeter sein und dürfen dem Baum höchstens 40 bis 60 Liter Birkenwasser pro Saison entzogen werden.
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Traditionell findet der Saft der Birke nicht nur als die Kopfhaut stimulierendes Haarwasser, Haarwuchsmittel und Shampoo Verwendung. Auch als (fermentiertes) Getränk ist das Birkenwasser bei den Esten beliebt. Das liegt an den zahlreich enthaltenen Mineralien, darunter unter anderem Calcium, Kalium, Magnesium und Phosphor, sowie an den vielen anderen förderlichen Inhaltsstoffen. Diese sollen nach einer langen, nährstoff- und sonnenarmen Winterzeit für neue Lebensenergie sorgen und die Abwehrkräfte stärken.
Estlands stiller Peipussee
Wie schön der größte See Estlands ist, sehen Sie in der Dokumentation „Estlands stiller Peipussee“ des NDR:
Estlands Hauptstadt Tallinn – zwischen hanseatischer Kultur und Moderne
Estlands Hauptstadt Tallinn ist das „Alternativprogramm“ zur wilden Natur und dem traditionellen Leben auf dem Land. Die Stadt ist von der europäischen Hanse geprägt und gilt gleichzeitig als eine der „schnellsten“ Städte Europas. Tallinn ist innovativ, modern und in Bewegung. Und das, obwohl die Stadt mit knapp 430 000 Einwohnern die kleinste Hauptstadt des Baltikums ist.
Das Stadtbild ist von der alten Kultur der Hanse und von deutschen, russischen und schwedischen Einflüssen geprägt. Die Altstadt gehört seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Tallinn gilt als besterhaltene mittelalterliche Handelsstadt Europas. Ein Grund, warum Tallinn 2007 zusammen mit dem finnischen Turku „Kulturhauptstadt Europas“ war.
Tallinns Must-sees
Zu den schönsten und beliebtesten Sehenswürdigkeiten gehören:
- die gut erhaltene Stadtmauer,
- die Tallinner Domkirche, ein Wahrzeichen der Stadt,
- der Kanonenturm „Dicke Margarete“, in dem sich das estnische Schifffahrtsmuseum befindet,
- der Turm der Olaikirche, der nach erfolgreicher Turmbesteigung einen Blick über die Stadt gewährt,
- der „Lange Herrmann“, ein Wehrturm der Burg Tallinn auf dem Domberg,
- das Schwarzhäupterhaus, das Versammlungshaus der Bruderschaft der Schwarzhäupter, die es in Estland und Lettland gab,
- die Ratsapotheke am Rathausplatz, die älteste Apotheke Europas, die heute noch in Betrieb ist,
- die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale mit ihren charakteristischen Zwiebeltürmen, die auch auf unserem Beitragsbild zu sehen ist,
- die „Drei Schwestern“, drei zusammenhängende, spätgotische Handels- und Speicherhäuser, die heute ein Hotel beherbergen,
- das Schloss Katharinental am Stadtrand und
- der 314 Meter hohe Fernsehturm, dessen Aussichtsplattform auf 170 Metern Höhe einen einmaligen Ausblick über die Region bietet.
Das moderne Leben in Tallinn finden sich in den Cafés, Bars und Clubs der Stadt. Außerdem ist die Kunst- und Kulturszene innovativ: Das Estnische Kunstmuseum in Tallinn ist das größte und modernste Kunstmuseum des Baltikums und war 2008 „europäisches Museum des Jahres“. Für Liebhaber moderner Jazzmusik ist das internationale Jazzfestival „Jazzkaar“ interessant, das alljährlich im April stattfindet.
Da Tallinn direkt an der Ostsee liegt, ist die Hauptstadt auch für Sommerurlauber ein ideales Ziel. Fünf Sandstrände liegen direkt in der Stadt:
- Pirita,
- Stroomi,
- Harku,
- Kakumäe und
- Pikakari.
Der beliebteste Strand bei Einheimischen und Touristen befindet sich im Stadtteil Pirita. Dieser ist im Sommer allerdings häufig überlaufen. Unweit von Tallinn gibt es weitere Strände, die eher zu den Geheimtipps gehören, darunter zum Beispiel die Strände in Laulasmaa, Kaberneeme und Salmistu.

Kostprobe gefällig? Die gebrannten Mandeln aus Tallinn werden Ihnen schmecken! © Edutainment / pixabay,com
Unser Tipp: Nicht versäumen sollten Tallinn-Besucher die Verkostung der leckeren, frisch gebrannten Mandeln, die allerorten an hübschen, mittelalterlichen Marktständen feilgeboten werden und die ihren Duft in der ganzen Stadt verströmen. Wer hier einen Geschmack wie den der Mandeln von deutschen Weihnachtsmärkten erwartet, wird überrascht werden. Die gebrannten Mandeln in Tallinn sind mit verschiedenen Gewürzen verfeinert, die ihnen einen deutlich anderen Charakter geben.
Tallinn – die alte Hansestadt Reval
Die 3sat-Dokumentation „Tallinn – Die alte Hansestadt Reval“ wandelt auf den historischen Spuren der Hanse in der Hauptstadt Estlands:
Genießen Sie einen unvergesslichen Urlaub in dem Geheimtipp-Reiseland Estland
Estland präsentiert sich Urlaubern als attraktives Reiseziel für Aktiv-, Entspannungs- und Kultururlaube. Von wilden Landschaften über ruhige Küstenorte bis hin zu den kulturellen Highlights des modernen Tallinn wird Reisenden alles geboten. Planen Sie eine Reise in diesen wunderbaren, baltischen Staat und starten Sie in einen unvergesslichen Urlaub in Estland, das in Europa touristisch immer noch ein Geheimtipp ist. Wir wünschen einen schönen Aufenthalt!