Susanne Kaiser aus Berlin ist seit 15 Jahren als Innenarchitektin tätig und die nächste kreative, selbständige Frau unserer Interviewreihe. Sie gestaltet heutzutage vor allem luxuriöse Hotels oder Shops, ihr Stil ist klassisch und chic, aber auch mit den Attributen „bunt“ und „gemütlich“ zu umschreiben. Nach eigener Aussage macht ihr „intuitiver Sinn für Ästhetik“ ihren Erfolg im Vergleich zu anderen (Innen-)Architekten aus. Susanne Kaiser studierte Innenarchitektur an der FH-Rosenheim und hat 1998 ihre ersten Shop-Projekte – z. B. die Raumausstattung Sebastian Jacobs – umgesetzt. 2001 begann sie, als Mitarbeiterin bei Anne Maria Jagdfeld in Berlin zu arbeiten. Seit 2006 ist sie selbstständig und betreibt das Büro SUSANNE KAISER – ARCHITEKTUR & INTERIOR DESIGN. Zu ihrer Philosophie gehört es, einem Raum Identität zu geben – doch was genau heißt das? Was ist das Schwerste an ihrem Beruf? Susanne Kaiser gibt uns einen Einblick in den Berufsalltag einer Innenarchitektin.
„Bis man ein Werk hat, das nur für sich spricht, ist es ein langer Weg“
Können Sie uns zu Beginn etwas darüber erzählen, wie Sie zu Ihrem Beruf gekommen sind: Was fasziniert Sie daran, Innenarchitektin zu sein?
SUSANNE KAISER: Ich habe mich schon früh für Kunst und Kunstgeschichte interessiert, habe gerne gezeichnet und war sehr sensibel für Räume. Wenn ich in schönen Räumen war, hat das mein Lebensgefühl immer enorm gesteigert. Anderen Menschen zu helfen, sich wohl in ihrer Umgebung zu fühlen, finde ich an der Innenarchitektur faszinierend.
Wir wollen Ihren Beruf besser verstehen. Welche Eigenschaften braucht man, um Ihren Beruf auszuüben und warum?
SUSANNE KAISER: Ich denke, man muss ein praktisch denkender Ästhet sein, die Fähigkeit haben, dem Kunden zuzuhören und darüber hinaus die Wünsche des Kunden erspüren, die er selber noch gar nicht kennt.
Man muss geduldig sein und gerne mit Menschen kommunizieren, um dann wieder phasenweise in der Abgeschiedenheit die Dinge abzuarbeiten und zu überdenken. Der Beruf ist abwechslungsreich und fernab von Routine, weil jede Aufgabe neu und irgendwie anders ist.
Wir sieht der typische Tag einer Innenarchitektin aus? Können Sie ihn uns kurz beschreiben?
SUSANNE KAISER: Ich starte um 9.00 Uhr mit Mails checken. Meistens habe ich mir dann schon eine Liste für den Tag gemacht mit den Dingen, die ich erledigen muss. Im Office bespreche ich mit meinen Mitarbeitern was zu tun ist, oft habe ich auch am Vormittag Kundentermine oder Termine auf einer Baustelle. Dort prüfe ich, wie die Arbeiten vorangehen, führe Gespräche mit den Handwerkern, um Probleme vor Ort zu lösen. Am Nachmittag geht es weiter mit dem Tagesgeschäft, je nach Projektphase. Da ich jedoch meistens 5 bis 10 Projekte betreue, muss ich auch viel delegieren. Mittlerweile mache ich auch oft nur Skizzen und meine Mitarbeiter setzen diese dann um. Bis ein Projekt seine Richtung gefunden hat, betreue ich es immer selbst. Die kreative Arbeit schiebe ich oft noch auf die Abendstunden, da ich da viel mehr Ruhe habe und Ideen reifen können.
Sie planen und gestalten mittlerweile vor allem Hotels und Restaurants und haben auch Penthouses in St. Petersburg eingerichtet. Sind hier unterschiedliche Herangehensweisen bei der Umsetzung notwendig? Wie entstehen Ihre Ideen?
SUSANNE KAISER: Jedes Projekt ist einzigartig und entsteht im Dialog mit dem Kunden. Ich starte meistens damit, den Raum im Grundrissplan zu erfassen und zu strukturieren. Der Raum in sich muss sich der Funktion, also der Nutzung anpassen, daher greife ich auch oft in die Struktur der Architektur, sprich die Grundrissgestaltung ein. Die ersten Ideen entstehen im Prozess und aus Bildern, die dann im Kopf reifen. Die intensive Beschäftigung mit dem Raum, mit dem Bewohner und mit dem Ort bringt mich auf die kreative Spur, die dann zu einer Idee reift. Das kann sehr schnell gehen und manchmal etwas langsamer, wie bei jedem kreativen Prozess.
Innenarchitektur muss immer der Aufgabe gerecht werden, für die sie benötigt wird. Ein Messestand muss spannend sein und die Besucher anziehen, aber nach ein paar Tagen wird er wieder abgebaut, ein Hotel muss sehr funktional sein und eine Atmosphäre haben, die den Gast immer wieder zurückkehren lässt.
Auf Ihrer Webseite sagen Sie, Sie wollen den Räumen „ein Stück Identität“ geben – was verstehen Sie darunter und wie gehen Sie dabei vor?
SUSANNE KAISER: Einem Ort Identität geben, heißt für mich, Räume so zu gestalten, dass man sich an sie erinnert. Hierfür suche ich mir für meine Projekte immer ein starkes Thema. Das kann ein Film sein oder ein Karomuster einer Golfhose als Thema für unser Golfhotel. „Industrielook und Warehouse“ heißt das Thema für die neue Europazentrale von Clinton, die wir gerade in Hoppegarten gestalten. Das Thema „Loft“ setzen wir für die neuen Läden von SOCCX, dem Damenlabel von Clinton, um. Ihren Stil würden wir auf den ersten Blick als klassisch bezeichnen, zugleich jedoch wirkt er warm und gemütlich.
Wie stark hängt Ihre Vorgehensweise und die Konzeption vom Kunden ab? Und übernehmen Sie auch Projekte, die Ihrem gestalterischen Verständnis widersprechen?
SUSANNE KAISER: Ja, ich mag Herausforderungen. Ich glaube, dass sich Qualität durchsetzt und ich mit meinem Stil überzeugen kann. Der Kunde wendet sich ja an mich, weil er Hilfe benötigt. Es hängt von meinem Geschick ab, den Kunden in die richtige Richtung zu lenken. Wenn es gelingt, sind am Schluss alle happy. Am besten funktioniert die Arbeit natürlich schon, wenn der Kunde mir vertraut. Dann kann man auch mal neue Dinge ausprobieren und mutig sein. Auf der anderen Seite lasse ich aber auch oft die Ideen von Kunden einfließen und verschließe mich nicht vor ihren Wünschen.
Ist es schwer, einerseits neue und kreative Ideen zu haben und gleichzeitig den Anforderungen und Vorstellungen der Kunden gerecht zu werden? Wo liegen die Herausforderungen, was muss man noch alles beachten?
SUSANNE KAISER: Ja, es ist schwer, weil jeder Kunde anders tickt. Die Herausforderung liegt schon darin, Vertrauen zu gewinnen, aber die endgültige Bestätigung erhält man erst, wenn alles fertig ist und der Kunde dann noch eine Bestätigung, am besten von einem Dritten, erhält. Ich verkaufe kein fertiges Produkt, sondern kann nur versuchen, meine Vision zu vermitteln.
Mal davon abgesehen, dass ein Entwurf dem Kunden gefallen muss: Worauf kommt es in Ihrer Branche an, um erfolgreich zu sein?
SUSANNE KAISER: Jeder muss seinen eigenen Weg gehen. Zum Erfolg gehört es wie in allen Branchen, konstante Qualität zu liefern, sich immer weiter zu entwickeln. Gute Ideen zu haben und diese dann auch gut zu verkaufen. Geduld zu haben, denn bis man ein Werk hat, das nur für sich spricht, ist es ein langer Weg. Nicht umsonst sind die meisten erfolgreichen Innenarchitekten schon etwas älter.
Selbständig zu sein, ist nicht immer einfach, man trägt die ganze Verantwortung und braucht viel Selbstdisziplin. Wie motivieren Sie sich?
SUSANNE KAISER: Mein Motivation ziehe ich daraus, bei einem Projekt mitzuerleben, wie es sich step by step weiterentwickelt. Wenn man die ersten gebauten Ergebnisse sieht und diese gut sind, ist das immer ein tolles Gefühl. Außerdem reizen mich neue Aufgaben sehr. Ich bin neugierig, ich mag keine Langeweile und liebe es, neue Projekte anzugehen. Eigentlich folge ich also nur meiner Natur.
Es gibt unzählige Netzwerke für selbstständige Frauen. Wie wichtig sind Ihnen solche Netzwerke?
SUSANNE KAISER: Ich finde Netzwerke am besten, wenn diese natürlich gewachsen sind. Ich bin in keinem Netzwerk, das speziell auf Frauen ausgerichtet ist.
Zum Schluss möchten wir noch wissen: Was sind die Sonnenseiten bzw. Schattenseiten in Ihrem Beruf?
SUSANNE KAISER: Sonnenseite: Man darf sich mit vielen schönen Dingen beschäftigen, lernt tolle Menschen kennen und sieht am Ende eines jeden Projektes ein Ergebnis. Schattenseite: Der Druck, immer die richtigen Entscheidungen treffen zu müssen.
Vielen Dank Susanne Kaiser für das Interview!
Mehr über Susanne Kaiser
Weitere Informationen über die Projekte von Susanne Kaiser, ihren Stil sowie bildliche Impressionen finden Sie auf der Webseite ihres Architekturbüros unter www.susanne-kaiser.com
Eines ihrer Projekte, das Ferienhaus „Dünenpalais“ im Seebad Ahlbeck, beschreibt Susanne Kaiser im Blog „ACHICA Living“ – weitere Pressebeispiele finden Sie auf www.susanne-kaiser.com