Diese Woche geht es in unserer Interviewreihe „Selbstständige, kreative Frauen“ weiter mit der Architektin Christina Patz. Begeistert sind wir von der Architektin vor allem, da sie großen Wert auf energieeffizientes Bauen legt und ökologische Materialien testet und einsetzt. Frau Patz ist nun seit über 10 Jahren als Architektin tätig. Sie hat internationale Erfahrungen, von der Entwurfsplanung bis zur Bauleitung, gesammelt und betreibt seit 2011 ihr eigenes Architekturbüro in München. Studiert hat sie an der Technischen Universität in Graz, wo sie 2003 ihren Abschluss machte. Berufsbegleitend spezialisierte sie sich zusätzlich auf Niedrigstenergiehäuser, ökologisches Bauen und energetische Sanierung mit dem Postgraduate Master „Klimahaus“ in Bozen. Ist der Alltag einer Architektin kreativ? Wird man in seiner Tätigkeit durch Vorschriften eingeschränkt? Lesen Sie selbst!
„Vorteile sehe ich in kooperativer statt konkurrierender Arbeitsweise – egal ob als Frau oder Mann“
Können Sie uns zu Beginn etwas darüber erzählen, wie Sie zu Ihrem Beruf gekommen sind. Was fasziniert Sie am Beruf der Architektin?
CHRISTINA PATZ: Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, in dem meine Phantasie und der Wunsch, Projekte umzusetzen, sehr gefördert wurden. Schon als Kind habe ich viel gezeichnet und mir Häuser ausgedacht. Meine ersten Projekte waren Puppenhäuser und die dazugehörigen Möbel, natürlich selbst gebaut.
Am Beruf fasziniert mich die Vielseitigkeit – die Kreativität gepaart mit Pragmatismus und Forschungsarbeit. Architekturprojekte sind langjährig, aber es ist schön, vom Groben ins Feine zu planen und ein Projekt wachsen zu sehen.
Wir wollen Ihren Beruf besser verstehen. Welche Eigenschaften braucht man, um Ihren Beruf auszuüben und warum?
CHRISTINA PATZ: Kreativität ist definitiv eine wichtige Eigenschaft für eine Architektin. Darüber hinaus sind jedoch unbedingt gute kommunikative Fähigkeiten, Genauigkeit, Lernbereitschaft, technisches Verständnis und Ausdauer notwendig, um als selbständige Architektin arbeiten zu können.
Wie sieht ein typischer Tag im Leben einer Architektin aus? Können Sie ihn uns kurz beschreiben?
CHRISTINA PATZ: Da sich eines meiner Projekte zur Zeit gerade in Bau befindet, starte ich meine Arbeitstage meist mit einem Rundgang auf der Baustelle. Danach werden im Büro Emails geschrieben und Telefonate geführt. Die Nachmittage sind dann der Planungs- und Büroarbeit gewidmet. Die Kreativarbeit ist in einem kleinen Büro nicht der Hauptanteil der Arbeit, da Projektmanagement, aber auch Buchhaltung und Akquise einen geraumen Teil der Arbeitszeit einnehmen.
Ihre Projekte waren bisher sehr vielfältig: Sei es ein Dachgeschossausbau, ein Einfamilienhaus oder eine Kindertagesstätte – wie unterscheiden sich Ihre Herangehensweisen dabei und wie entstehen Ihre Ideen?
CHRISTINA PATZ: Die Herangehensweise zu verschiedenen Bauaufgaben ist ähnlich: Zu Beginn wird zur Planungsaufgabe recherchiert und in Gesprächen die Kundenwünsche ermittelt. Neben den funktionalen Anforderungen einer Bauaufgabe und dem städtebaulichen Kontext stellen für mich die klimatischen Randbedingungen wie Sonneneinstrahlung, Temperatur, Orientierung, etc. eine wichtige Planungsgrundlage dar – ohne diese können Niedrigenergiehäuser nicht geplant werden.
Ist es schwer, einerseits neue und kreative Ideen zu haben und gleichzeitig den Vorschriften von Stadtbauämtern, Ordnungsreferaten usw. gerecht zu werden? Wo liegen die Herausforderungen?
CHRISTINA PATZ: Zwischen kreativen Ideen und Vorschriften sehe ich keine Konfliktpunkte, sondern einen Rahmen, in dem gearbeitet werden kann. Die Herausforderung besteht eher darin, Bauherren von der Sinnhaftigkeit der Vorschriften zu überzeugen, wenn diese im Konflikt mit den ursprünglichen Bauherrenwünschen stehen.
Selbständig zu sein ist nicht immer einfach, man trägt die ganze Verantwortung und braucht viel Selbstdisziplin. Wie motivieren Sie sich?
CHRISTINA PATZ: Positives Feedback der Bauherren und mein Traum, irgendwann eine Schule in Holzbauweise als Nullenergiehaus zu bauen, sind die beste Motivation. Ich will jedoch nichts beschönigen – oft ist Selbstmotivation schwierig. Ich suche dann Ausgleich im Sport.
Bei unserer Recherche gewannen wir den Eindruck, dass es nicht viele selbständige Architektinnen gibt – oder sie schwer zu finden sind. Ist es als Frau schwerer, sich in dieser Branche durchzusetzen? Welche Vorteile haben Sie gegenüber Ihren männlichen Kollegen?
CHRISTINA PATZ: Ich denke, dass der Grund, warum es wenige selbstständige Architektinnen gibt, nicht mit unserer Durchsetzungskraft zu tun hat, sondern allgemein im sozialen System zu suchen ist.
Meine Berufserfahrung ist sowohl bei Bauherren als auch auf der Baustelle mit den Handwerkern bisher sehr positiv. Vorteile sehe ich in kooperativer statt konkurrierender Arbeitsweise – egal ob als Frau oder Mann.
In Ihrer Branche ist die Konkurrenz groß, es wird vielleicht nicht immer mit fairen Mitteln gekämpft. Wie sind Ihre Erfahrungen? Worauf kommt es an (mal davon abgesehen, dass ein Entwurf gut sein muss), um erfolgreich zu sein?
CHRISTINA PATZ: Wir haben glücklicherweise eine Honorarordnung, an die wir Architekten gebunden sind, dadurch entfällt ein Unterbieten seitens der Konkurrenz. Auftraggeber können wirklich den Architekten wählen, bei dem sie die bessere Umsetzung ihrer Wünsche erwarten.
Ich habe in eine Spezialisierung in Form eines Postgraduate Masters investiert, um so meinen Bauherren zusätzlich zu den Architektenleistungen auch Beratung zu energieeffizientem Bauen, ökologischen Materialien und erneuerbaren Energien anbieten und mich von der Konkurrenz abheben zu können.
Es gibt unzählige Netzwerke für selbstständige Frauen. Wie wichtig sind Ihnen solche Netzwerke?
CHRISTINA PATZ: Ich finde Netzwerken sehr wichtig – hauptsächlich zum technischen Erfahrungsaustausch. Ich bin allerdings nicht in Netzwerken für Frauen, sondern in fachspezifischen Netzwerken aktiv.
Zum Schluss möchten wir noch wissen: Was sind die Sonnenseiten bzw. Schattenseiten in Ihrem Beruf?
CHRISTINA PATZ: Die Sonnenseite ist sicher die Vielfältigkeit des Berufes und die schon genannten Punkte. Zur Schattenseite gehört leider, dass kreative Arbeit von Auftraggebern immer wieder nicht als Arbeit anerkannt wird.
Mehr über die Architektur von Christina Patz
Auf ihrer Webseite erfahren Sie mehr über Christina Patz und ihre Projekte: http://www.christinapatz.com/