Die optimale Sitzposition für das FahrradMein Körper / Sport

In unserem Artikel „Wie Sie spielerisch Mountainbike fahren lernen“ haben wir die wichtigsten Fakten rund um den Bereich Fahrsicherheit auf dem Rad zusammengetragen und geben Tipps für das sichere Fahren. Doch neben der richtigen Fahrweise ist ein weiterer Aspekt besonders wichtig, welchem wir uns nun widmen wollen: die richtige Sitzposition auf dem Rad.

Aus diesem Grund sprachen wir mit Thomas Pollesche.

Thomas Pollesche betreibt die „Bike Academy Berlin“ und schreibt auf seinem Portal www.bewegungsspezialist.de über gesundes Radfahren, Bike Fitting und sein Angebot. Er bietet Trainingsbetreuung, Tipps und Informationen zu Fahrtechniken sowie Leistungsdiagnosen. Mit uns sprach er über den Gesundheitsaspekt beim Radfahren – insbesondere in Verbindung mit der optimalen Sitzposition für das Fahrrad.

Vorab stellt sich bereits eine Frage: Bikefitting? Was ist das?

In Bildern sieht das zunächst so aus:

 

Beim Radfahren entstehen oftmals taube Finger – was kann man tun?

THOMAS POLLESCHE: Taube Finger oder auch das Kribbeln in den Fingern kann unterschiedliche Ursachen haben. Oft ist es eine falsche Verteilung des Gewichts – in dem Fall sitzt die Radlerin zu weit vorn und bringt somit eine hohe Last auf die Hände. Typischerweise sind im Rahmen des Bike Fittings gestreckte Arme zu erkennen.

Handschuhe können ebenfalls der Auslöser für Empfindungsstörungen in den Händen sein. Ein Gelpolster, das an der falschen Stelle platziert ist, kann die oben genannten Probleme auslösen. Ich empfehle, Handschuhe ohne Polster zu tragen.

Ein weiterer Grund für taube oder kribbelnde Finger kann die Schulter sein. Die Schulter bzw. das Schultergelenk mit dem recht engen Bereich im Schulterdach kann zum Problem werden, wenn der Oberarmknochenkopf nicht zentriert im Schulterdach steht und/oder es ein Engesyndrom (Impingement) in der Schulter gibt.

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Insgesamt gilt es, die Position individuell unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten und Anforderungen an die Rad-„Disziplin“ (Rennrad, MTB, Triathlon oder Tourenrad) auszubalancieren.

Viele klagen auch über Rückenschmerzen beim Radfahren. Wie kann man diese umgehen?

THOMAS POLLESCHE: Rückenschmerzen beim Radfahren – speziell im unteren Rücken – können z.B. durch einen falschen Sattel oder die falsche Sattelposition ausgelöst werden. Entsteht an der Sattelnase eine Drucksituation, die sich im Bereich des Schambeins bemerkbar macht, erfolgt regelmäßig eine Ausweichbewegung des Beckens nach hinten. Dadurch soll reflektorisch der Druck reduziert werden, mit der Folge, dass der untere Rücken in der Videoanalyse eine „runde“ Form abbildet. Ein hoher Muskeltonus im Bereich des Rückenstreckers stabilisiert diese Position, sorgt allerdings auch für unangenehme Verspannungen, speziell nach dem Absteigen vom Rad. Eine weitere Ursache für Rückenschmerzen könnte beispielsweise eine falsche Sitzhöhe sein, die für eine unruhige Hüfte sorgt.

Wie findet man die optimale Sitzposition für das Fahrrad?

THOMAS POLLESCHE: DIE optimale Sitzposition gibt es nicht, sorry!

Es gibt eine ideale Sitzposition für die zur Zeit bestehende körperliche Situation. Diese kann sich regelmäßig verändern, beispielsweise durch Phasen des langen, beruflichen Sitzens oder auch eine Phase, in der viel ergänzender Sport gemacht wird und für ein ausgewogenes Kräfteverhältnis und Flexibilität gesorgt wird. Diese Position zu finden, ist die Aufgabe eines professionellen Bike Fitters. Bike Fitter besuchen regelmäßige Fortbildungen (z.b: International School of Cycling Optimization) und haben ein Verständnis für die Radtechnik und die eingesetzte Technik.

Probleme an den Kontaktstellen können hervorragend durch Druckmessungen in Echtzeit aufgedeckt werden. Eine Videoanalyse hilft in den Fällen selten weiter, da die Kamera nicht zwischen Sattel und Po oder auch nicht in den Schuh schauen kann, der schon am Fuß sitzt. Was inzwischen der Vergangenheit angehört, sind statische Vermessungen, die bestenfalls Näherungswerte bieten. Da es beim Radfahren um Bewegung geht, muss zudem immer die Dynamik analysiert und optimiert werden.

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Was kann mit einer optimalen Sitzposition erreicht werden?

THOMAS POLLESCHE: Die optimierte Sitzposition sorgt für Spaß und Freude beim Radfahren. Einigen Radfahrerinnen und Radfahrern geht es um schmerzfreies Radeln, anderen um eine bessere Kraftübertragung und gesteigerte Effektivität. Wiederum andere suchen Komfort und möglichst geringen Gelenkverschleiß. Alle Komponenten sollten je nach Anforderungsprofil berücksichtigt werden und so dafür sorgen, dass die Oberschenkel (nicht die Knie!) zu spüren sind.

Welche gesundheitlichen Probleme können beim Radfahren entstehen und wie kann man diese beseitigen?

THOMAS POLLESCHE: Eigentlich ist das Radfahren grundsätzlich eine gelenkschonende Sportart, da es sich um eine Non-Impact Disziplin handelt. Trotzdem kann es an den unterschiedlichsten Stellen des Körpers zu Problemen kommen, wenn das Rad nicht auf den Körper eingestellt ist.

Manche Unannehmlichkeiten treten bereits nach kurzen Distanzen auf, manche erst nach längeren Distanzen. Meist trifft es allerdings die Kontaktstellen zum Rad, wie die Füße und die Knie, den Sattel und damit den Po oder auch den Rücken und die Hände.

Durch die heutigen Bike Fittings – insbesondere diese, die unter Druckmessungen an den Kontaktstellen durchgeführt werden – lösen diese Probleme zuverlässig. Dabei sollte die Radfahrerin darauf achten, einen geschulten Bike Fitter zu buchen. Weltweit gibt es einige hervorragend ausgebildete Bike Fitter der International School of Cycling Optimization. Danach wird das Radeln zum Vergnügen.

Vielen Dank Thomas Pollesche für das Interview!

- Artikel vom MDQuMDguMjAxNQ==

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