Tantra-Übunge - Erotik für den Alltag © Viktoriia-Protsak / Fotolia.comLiebe & Sex

Wenn in Beziehungen die Erotik verloren geht, hat das meist nichts damit zu tun, dass man den Partner nicht mehr liebt oder ihn nicht mehr attraktiv findet. Stattdessen führen Zeitmangel und Alltag oft dazu, dass der berühmte Zauber des Anfangs verloren geht. Im fehlenden Körperkontakt liegt dabei häufig Ursache für die Entfremdung. Der Schlüssel, dies zu überwinden, kann Tantra sein. Kann ich Tantra-Übungen in meinen Alltag integrieren, was sind Tantra-Massagen, und: Wie kann ich Tantra lernen?

Die Definition des Tantra

Die Wurzeln des traditionellen Tantra reichen bis ins 2. Jahrhundert n. Chr. zurück: Aus einer esoterischen Form des Hinduismus wurde es zu einer philosophischen Strömung. Tantra bedeutet ursprünglich so viel wie „Zusammenhang“, „Kontinuum“ oder „Gewebe“. Mit Sexualität hatte das mittelalterliche Tantra dabei nicht viel zu tun: Es diente als Ritual u.a. dazu, Könige zu legitimieren oder – ähnlich dem Schamanismus – Exorzismen und Zauber durchzuführen.

Als klassisches Tantra bildete sich anschließend eine sehr komplexe Lehre aus: Sie beschäftigt sich, zusammenfassend gesagt, vor allem mit der Einheit der absoluten und phänomenalen Welten. Das Ziel des Tantrismus ist dabei das Einswerden mit dem Absoluten und die Erkenntnis der höchsten Wirklichkeit.

Diese Art der Erleuchtung stellt im Osten traditionell ein spirituelles Ziel dar – doch bei der Einführung von Tantra im Westen wurde sie als betont sexuelle Technik missverstanden. Wie konnte es dazu kommen?

Von der Einswerdung des Ostens zum sexuellen Akt des Westens

Der Wunsch nach Einswerdung mit dem Absoluten wird im klassischen Tantrismus häufig durch sexuelle Symboliken – weiblich und männlich als aktiv und passiv – dargestellt. Außerdem basieren neben vielen anderen Methoden auch einige Praktiken auf den extrem energetischen Techniken des Kundalini-Yoga und der körperlichen Vereinigung.

Diese stark körperbetonenden Aspekte führten dazu, dass Tantra bei seiner Einführung in den Westen fast vollständig auf seine sexuellen Aspekte reduziert wurde: Heute denkt man bei Tantra an zwielichtige Massagesalons im Rotlichtviertel, hemmungslose Lust und endlose Happy Ends – doch das hat mit der eigentlichen Lehre des Tantra nichts zu tun.

Tantra mit Partner

Einswerdung und Selbsterkenntnis stehen weiterhin im Zentrum aller seriösen Tantra-Rituale: Es geht darum, die Kräfte zweier Menschen und damit zweier entgegengesetzter Pole – männlich und weiblich, passiv und aktiv – durch Übung und Konzentration im Einklang zu verschmelzen.

Als Partnerübung erfordert dies großes Vertrauen und echte Hingabe. Die sehr bewusste und konzentrierte Erotik, die dabei entsteht, ist somit eigentlich eine „Nebenwirkung“ des Tantra: Nichtsdestotrotz kann eine Partnerschaft davon profitieren – und damit letztlich die tantrische Lehre der Einswerdung auf ihre Art wahrwerden lassen.

Der Ablauf einer Tantra-Behandlung

Wer Tantra nicht als puren Lustgewinn, sondern als vertrauensvolle Lebenseinstellung begreift, hat den wichtigsten Schritt zu seiner Ausübung getan: Bei Tantra geht es darum, den eigenen Körper kennenzulernen. Denn generell fokussieren sich tantrische Übungen auf bewusste Langsamkeit und sinnliches Erleben. Um eine Tantra-Massage zu genießen, ist vor allem eine offene Haltung nötig. Die praktische Durchführung kann dann als professionelle Tantra-Massage in einem Studio oder als gemeinsame Partnerübung zuhause stattfinden.

>>>Lesetipp:  Sitzen gelassen – Signale der Distanzierung erkennen

Bei beiden Varianten wird der Körper durch sanfte Berührungen mit den Händen oder Gegenständen wie zum Beispiel Federn oder erwärmten Stofflappen sensibilisiert. Eine Intimmassage kann, muss aber nicht Teil der Behandlung sein – weder im Studio, noch zuhause. Auch der Orgasmus ist nicht das erklärte Ziel; möglich ist er jedoch. Gerade bei Tantra-Massagen unter Paaren wird das bewusste Hinauszögern des Höhepunkts als besonders erfüllend erlebt.

Tantra-Übungen für Zuhause

Wie wird Tantra nun eigentlich durchgeführt? Es gibt beispielsweise Bücher und Videos, die praktische Hilfestellung für Tantra-Massage-Einsteiger leisten:

Bei der Anwendung gibt es mehrere Ansätze:

  • Es kann es darum gehen, sich im Sinne der Einswerdung gegenseitig zu massieren, oder
  • einen Partner sozusagen ohne Gegenleistung in den Genuss einer umfassenden Körpererfahrung kommen zu lassen – mit oder ohne (hinausgezögerten) Orgasmus.

Einführende Tantra-Übungen drehen sich entsprechend meist um das langsame, zarte Streicheln – etwa mit den Fingerspitzen oder mit einer Feder. Dabei sind verschiedene Techniken möglich: Entweder können die Partner einander abwechselnd von Kopf bis Fuß mit sanften, durchgängigen Berührungen verwöhnen, oder es wird während einer Massage nur ein einziger Körperteil (etwa ein Fuß oder die Hand) sensibilisiert.

Nähe und Abwechslung: Tantra für Paare
Die Erregung eines einzelnen Körperteils überträgt sich positiv auf den restlichen Körper und die Psyche: So kann eine neue Art der Selbstwahrnehmung und der Erotik entstehen – selbst in langjährigen Beziehungen, in denen alles hinreichend vertraut und damit „langweilig“ erscheint.

Aus dem „Kamasutra“ kann man es – entgegen mancher Vorstellungen – nicht lernen, denn das traditionelle Erotik-Lehrbuch beschäftigt sich vor allem mit den verschiedenen Stellungen und hat mit der spirituellen, tantrischen Lehre kaum etwas zu tun.

Tantra-Massage für Frauen und Männer

Die allgemeinen Tantra-Techniken – Berührungen, Sensibilisierungen, liebevolle Hinwendung – unterscheiden sich für Männer und Frauen zunächst nicht. Im Bereich der Intimmassage gibt es jedoch naturgemäß Unterschiede: Bei der sogenannten Yoni-Massage für Frauen werden auchmassiert der Partner die Schamlippen und Klitoriss massiert; bei der Lingam-Massage für Männer werdenwerden Penis, Hoden und Prostata stimuliert.

Zubehör für Tantra zuhause

Um zuhause eine erfolgreiche Tantra-Massage durchführen zu können, sollte zunächst die passende Umgebung geschaffen werden:

  • Raumverhältnisse: Die Massage sollte in einem geschützten Raum und ohne plötzliche Störungen stattfinden können. Die Temperatur des Raumes sollte ein angenehmes Wärmempfinden im unbekleideten Zustand ermöglichen – auch bei längerer Massagedauer.
  • Unterlage: Die Tantra-Massage sollte auf einer bequemen, aber nicht zu nachgiebigen Unterlage wie zum Beispiel einer Massagematte stattfinden. Auch Betten sind für die Tantra-Massage geeignet, wenn die Matratze nicht zu weich ist. Achtung: Hier sollten die Laken etc. eventuell durch eine spezielle Auflage vor Massageölflecken geschützt werden.
  • Musik: Fließende, entspannende Stücke mit langer Spieldauer sind hier besonders zu empfehlen. Auf öffentlichen Kanälen wie YouTube finden sich viele Vorschläge zum Thema „Music Tantric Massage“, die meist von östlichen Klängen beeinflusst sind. Die Massage ist auch zur eigenen Lieblingsmusik möglich – vorausgesetzt, sie wirkt beruhigend.
>>>Lesetipp:  Rundflüge für den Liebsten

Ein Massageöl sorgt bei der Massage dafür, dass die Hände sanft und fließend über die Haut gleiten können. Das Öl kann dabei – ganz nach Vorliebe – mit oder ohne Aromazusatz sein. Auch beim weiteren Zubehör sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Alles, was die Haut wohltuend berührt und mit verschiedenen Reizen stimuliert, ist möglich. So gehören Federn und heiße Lappen zu den klassischen Instrumenten, genauso aber bewirken warme Steine, Massageroller, Igelbälle und Ähnliches ein intensives Tantra-Erlebnis.

Jedoch sollte immer die sinnlich-sanfte Berührung der Haut und nicht die medizinisch-kräftige Behandlung von Verspannungen beim Einsatz der verschiedenen Hilfsmittel im Vordergrund stehen.

Die verschiedenen Tantra-Techniken

Es gibt eine nahezu unüberschaubare Menge an Tantra-Methoden. Das Gute: Hier findet jedes Paar die Technik, die zu ihm passt. Generell unterscheiden sich:

  • Rotes (linkshändiges) Tantra: Hier dienen körperlich-sexuelle Handlungen als Energiequelle, wobei der Körper als heiliger Tempel des Geistes gilt und entsprechend ehrerbietig behandelt wird.
  • Weißes (rechtshändiges) Tantra: Diese Form wendet keine sexuellen Handlungen an, sondern konzentriert sich auf die Energiequelle der symbolisch-geistigen Ebene.

Außerdem gibt es jeweils viele verschiedene Unterarten wie etwa:

  • Tantra nach Andro: Andro ist ein bekannter deutscher Sexualexperte und entwickelte eine eigenständige Form des Tantra, die sowohl eine energietisch-sinnliche Yin-Yang-Massage als auch eine erotische Tantra-Massage und Tantra-Yoga umfasst.
  • Kaschmirisch-shivaitisches Tantra: Hier geht es um das tiefe Eintauchen in die Begierde. Diese bezieht sich jedoch auf kein konkretes Objekt mehr, sondern auf reines und intensives Begehren.
  • Tibetisches Tantra (Vajrayana): Hier geht es nicht um sexuelle Praktiken, sondern um die Vereinigung der männlichen und weiblichen Elemente im geistigen Bewusstsein.
  • Chinesisches Tantra: Bei dieser taoistischen Strömung wird der Geschlechtsverkehr so praktiziert, dass die Ejakulation des Mannes durch tiefe geistige Versenkung zugunsten einer subtilen Energieentwicklung vermieden wird.
  • Vierhändiges Tantra: Hier wird der empfangende Part von zwei Gebenden massiert. Dies sorgt dafür, dass sich die Wahrnehmung des Empfangenden noch weiter auflöst und die Konzentration auf den eigenen Körper zusätzlich gesteigert wird.

Tantra erlernen: Wie finde ich ein seriöses Studio?

Bei der Wahl der richtigen Tantra-Methode sind Tantra-Seminare hilfreich. Dort werden die verschiedenen Techniken vorgestellt und unter Anleitung eines ausgebildeten Coaches ausprobiert: Gemeinsam mit dem Partner finden Sie auf diese Weise die richtige Methode, die zum eigenen Körpergefühl passt. Die dabei gelernten Tantra-Übungen können Sie dann gemeinsam zuhause praktizieren.

Doch ob Tantra-Massage oder Tantra-Lehrstunde: Bei der Auswahl eines Studios ist es wichtig zu wissen, dass Tantra an sich kein geschützter Begriff ist. Häufig wird die Bezeichnung verwendet, um sexuelle Dienstleistungen anzubieten.

Tantra-Studios oder Massageangebote

Seriöse Anbieter lassen sich jedoch anhand der folgenden Merkmale ermitteln:

  • Es besteht eine Mitgliedschaft im Deutschen Tantramassage Verband oder im Berufsverband Deutscher Tantra-Lehrer (BDT).
  • Es werden weder Geschlechts-, noch Oral- oder Analverkehr (GV, OV, AV) angeboten – auch nicht unter dem Deckmantel des „dunkelroten“ Tantra.
  • Maithuna-Rituale (Vereinigungsrituale) werden nur in Verbindung mit tage- bzw. wochenlanger Kursvorbereitung angeboten.
  • Es wird keine Orgasmusgarantie und auch keine „Erfüllung aller Wünsche“ ausgesprochen, denn professionelle Tantra-Massagen sind weder zielgerichtet, noch orgasmusfokussiert.
  • Die Masseure werden auf der Internetseite nur voll bekleidet abgebildet und können namhafte Lehrer, eine gute Ausbildung, Fortbildungen und Spezialisierung nachweisen.
  • Seriöse Studios achten auf ein helles, freundliches Erscheinungsbild – ein besonders esoterischer Name oder eine übermäßige Ansammlung von spirituell anmutendem Kitsch gehört nicht unbedingt dazu.
  • Ein ausführliches Vorgespräch gehört zu den vertrauensbildenden Maßnahmen vor einer Massage oder einem Kurs.
- Artikel vom MDQuMDkuMjAxMg==

Das könnte Sie auch interessieren: