Mansplaining: Wenn Männer uns Frauen die Welt erklären Ⓒ Mirko Raatz / Fotolia.comGesellschaft

Hillary Clinton kennt es, Miranda aus „Sex and the City“ kennt es und die amerikanische Essayistin Rebecca Solnit hat als Erste öffentlich darüber gesprochen: Im Jahr 2008 verfasste sie einen Blogbeitrag mit dem Titel „Men Explain Things To Me“. Der Text handelt vom geschlechtsspezifischen „provokativen Selbstvertrauen der vollkommen Unwissenden“. Oder anders gesagt: von dieser bestimmten Sorte (!) Männer, die Frauen herablassend mit vermeintlichem Wissen belehren.

Steinzeitliches Benehmen im 21. Jahrhundert

„Mansplaining“ lautet der Fachbegriff, den feministische Blogger nach Erscheinen von Solnits Artikel für dieses Verhalten geprägt haben. Beim sogenannten „Talking Over“ ertappen sich viele Frauen gegenüber dem „Herrklärer“ beim aufmerksamen Zuhören und Nicken – während es in ihnen kocht. Um hier kluge Lösungsansätze zu finden, muss man jedoch zunächst wissen, womit man es bei Mansplaining eigentlich zu tun hat.

Wo findet Mansplaing statt?

„Er kenne sich mit Geburtsschmerzen aus, er habe schließlich vier Kinder“ – so fasst @Cyberwusel die Absurdität von Mansplaining zusammen. Der Tweet zeigt so lustig wie erschreckend, wie weit das Spektrum der männlichen Besserwisserei dabei reicht. Von der Steinzeit bis in die Moderne, vom Esstisch bis zum Chefbüro: Wenn Männer Frauen nicht als gleichberechtigte Gesprächspartner betrachten, wird nach Lust und Laune belehrt.

Welche Männer tun es?

Manchmal sind es Jüngere, die glauben, dass ihr Gegenüber zum alten Eisen gehört. Manchmal sind es Männer „mit Erfahrung“, die nichts über ihr Wissen kommen lassen können. Manchmal sind es Kollegen, die bei der Beförderung übergangen wurden, und manchmal ist es der Chef, der Frauen lieber kleinhalten will. Manchmal sind es Freunde, Bekannte, Familienmitglieder, und gelegentlich ist es auch der eigene Partner. Manchmal ist es notorische Besserwisserei. Was niemals hinter Mansplaining steckt, ist ein gesundes Selbstbewusstsein und ein gleichberechtigtes, modernes Weltbild.

Die unverwechselbaren Kennzeichen

Mansplaining bedeutet also nicht, dass ein Mann im Gespräch mit einer Frau seine Meinung äußert. Es liegt dann vor, wenn es nicht um Fakten und Inhalte geht – sondern darum, den „Ich Tarzan, du Jane“-Standpunkt klarzumachen. Kennzeichnend sind dabei jeweils:

  • die Unterbrechung (verbal oder non-verbal)
  • die Pauschalisierung
  • die persönliche Ebene

Die vier Seiten von Mansplaining

Im bekannten Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun hat jede Nachricht vier Seiten:[raw]

  • Sachebene: Was sind die Fakten der Aussage?
  • Beziehungsseite: In welchem Verhältnis stehen Sender und Empfänger zueinander?
  • Appellseite: Was will der Sender vom Empfänger?
  • Selbstkundgabe: Was sagt der Sender über sich?
>>>Lesetipp:  Die Frauenquote – Eine Chance. Oder?

Die Sachebene ist bei Mansplaining nicht immer eindeutig belegbar, wenn man etwa an das Beispiel mit den Geburtsschmerzen denkt. Die Beziehungs- und Appellseite dagegen sind klar: Der Mann ordnet sich über der Frau ein und will, dass sie seine Überlegenheit akzeptiert. Wer sich als Frau dadurch verunsichern lässt und damit Rebecca Sobnits Theorie von „Selbstzweifel und Selbstbeschränkung“ bestätigt, übersieht die Selbstkundgabe. Diese vierte und oft interessanteste Seite zeigt, was Mansplaining über den Mann aussagt. Nämlich: „Ich muss beweisen, dass ich das besser weiß.“ Was ebenfalls Selbstzweifel impliziert – nur ohne Selbstbeschränkung. Ein echter „Herrklärer“ macht vor keiner Frau halt. Damit wertet er sie objektiv ab – und nimmt ihr gleichzeitig subjektiv jeden Grund für etwaige Selbstzweifel. Denn es geht gar nicht um sie, nicht um ihr Wissen, nicht um ihre Persönlichkeit: Er muss sich beweisen und die Frau braucht er als Publikum. Muss man Mansplaining also nur den Beifall zu entziehen, um es aus der Welt zu schaffen?

Fünf Alternativen gegen Mansplaining

Vorweg: Es gibt kein Patentrezept. Doch wer sein eigenes Ich, sein Können und Wissen nicht in Frage stellen lässt, sich nicht persönlich beleidigt und im Ego angekratzt fühlt, kann klüger und effektiver reagieren. Die „richtige“ Reaktion hängt dabei von einigen Faktoren ab:

  • Wie wichtig ist die Situation bzw. die Konfrontation also mir persönlich?
  • Was will ich erreichen? Bei mir, beim Gegenüber – generell?
  • Kann oder will ich dem anderen zukünftig aus dem Wege gehe – oder kann/will ich das nicht?

Davon ausgehend ergeben sich verschiedene, auch kombinierbare Handlungsmöglichkeiten:

Die Sachliche

„Vielen Dank, Herr Kollege, ich übernehme wieder“: Hier geht es um so wenig emotionale Beteiligung wie möglich. Nicht nur im beruflichen Bereich kann daher ein Rhetorikkurs helfen, mit Besserwisserei professionell umzugehen. Dabei ist auch das eigene Rollen- und Selbstbild zu hinterfragen:

  • Glaube ich etwa selbst noch, dass ein anderer (Mann) es besser weiß? Warum?
  • Wie würde ich reagieren, wenn der andere eine Frau wäre?

Die Solidarische

„Ich möchte lieber die Meinung deiner Frau hören“: Wenn man sensibel auf entsprechende Situationen reagiert, ist gegenseitige Unterstützung möglich. Das bedeutet nicht, jederzeit in Hab-acht-Stellung bereit zur Defensive oder Offensive zu sein – doch indem man demjenigen mit dem offensichtlichen Wissen Raum verschafft, kann man Mansplaining auch auf lange Sicht die Bühne nehmen.

>>>Lesetipp:  Events der Zukunft – Was hat sich verändert in der Welt der Veranstaltungen?

Die Mitleidige

„Bitte, sprechen Sie weiter! Nutzen Sie Ihre Chance“: Zusammen mit einem mitleidigen Lächeln nimmt diese Reaktion dem „Herrklärer“ den sprichwörtlichen Wind aus den Segeln. Er rechnet mit Unterordnung oder Widerspruch – aber sicher nicht mit der Demaskierung seiner Show. Der Überraschungsmoment hilft außerdem, um sachlich mit der Tagesordnung fortfahren.

Die Humorvolle

„Ich erkläre Ihnen das jetzt mal, junge Frau“ – „Da bin ich gespannt, alter Mann!“ Wer humorvoll kontert und bei Genderspezifikationen auch noch den Spieß umdreht, erobert Boden zurück. Hier gehört eine große Portion Schlagfertigkeit und Mut dazu. Denn je nach Gegenüber kann diese Reaktion Wunder wirken – oder aggressiv aufgenommen werden. Deswegen sollte hier besonders sorgfältig abgewogen werden, ob die jeweilige Situation für diese Methode geeignet ist.

Die „Zicke“

„Wieso unterbrichst du mich?“: Der Name dieser Option ist bewusst gewählt, denn „Zickigkeit“ ist das Totschlagargument, wenn ein Mann im Unrecht ist und trotzdem Recht behalten will. Der Vorwurf der „Zickigkeit“ trifft dabei Frauen, die…[raw]

  • ihre Position sachlich vertreten
  • emotional reagieren
  • schlagfertig sind
  • schweigen.

Gegenüber einem unsachlichen „Herrklärer“ gibt es demnach keine richtige Reaktion. Da heißt es viel mehr: Zickenschublade auf, Fall gelöst. Doch umgekehrt betrachtet gibt es auch keine falschen Handlungen. Wer damit leben kann, für „zickig“ gehalten zu werden, kann sich sogar bewusst entsprechend verhalten und mit diesem Verhalten spielen. Allerdings sorgt diese Methode im Team oder in der Familie nicht gerade für gute Stimmung; zum Aussortieren unerträglicher „Herrklärer“ aus dem eigenen Umfeld ist sie dagegen gerade in Kombination mit Humor und Mitleid perfekt.

Fazit

Wenn sich die Aufmerksamkeit beim Mansplaining nur auf das Frausein und die Beleidigung konzentriert, bleibt der Feminismus im Aufschrei stecken. Denn wenn der entsprechende Mann es tatsächlich darauf anlegt, Frauen für dumm zu erklären, bringt ihn jedes geknickte Ego dem Ziel einen Schritt näher. Einfach ignorieren und sich bei anderen Geplagten in der Teeküche beklagen, ist also definitiv keine Lösung für Mansplaining. Die vielzitierte weibliche Intuition – kurz: Frauenpower! –dagegen schon.

- Artikel vom MjQuMDUuMjAxNg==

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