Buchcover "Drei Worte" © kladde buchverlag / Sabine WirschingMedien & Kultur / Mein Lifestyle Empfohlen

Machen wir es so, wie der Titel des Buches – „Drei Worte“ – es uns vorschreibt: Wir wählen drei Worte (fast drei, eigentlich sind es vier), um es zu beschreiben: #nofilter. Liebe. Leben. Damit ist die auf 456 Seiten erzählte, fesselnde Geschichte über die Liebe und über Menschen mit ihren Sonnen- und Schattenseiten natürlich nicht ganz umschrieben, aber das sind wesentliche Aspekte, die wir hervorheben möchten. Und den Rest soll man ja schließlich lesen.

Die Autorin und Bloggerin Sabine Wirsching hat nach „Druckstaueffekt“ sowie nach ihren beiden „Oskar Kuchenbuch“-Kinderbüchern einen neuen Roman veröffentlicht: „Drei Worte“ – erschienen beim kladde buchverlag und auch bei Amazon zu erwerben.

Von was handelt die Geschichte?

Von Milka und Till, zwei Berliner, die sich im Rock’n’Roll Bassy Cowboy Club begegnen, verlieben und zu Beginn eine intensive, wunderschöne Zeit erleben. Sie kochen gemeinsam, entdecken „Lost Places“ in Berlin und lernen sich gegenseitig kennen. Sie sind verliebt. Die Unbeschwertheit für beide endet aber schnell, als Till seine negativen Gedanken nicht weiter unterdrücken kann. Er ist depressiv. Dabei muss nicht nur er, sondern auch Milka mit dieser Krankheit klarkommen. Fraglich ist, ob und wie das gehen kann…

Textauszug:

„Hinterher schmiegt sich Milka an mich. Ich ziehe die Wolldecke vom Sofa und wickele sie um uns. Sie atmet ruhig und ich streichele ihre Schulter. Sie hat eine Stelle auf dem Rücken, einen Zentimeter unter dem rechten Schulterblatt – wenn ich den berühre, kräuselt sich Gänsehaut über ihren Körper. Sie steht drauf, wenn man sie da krault. Ich streichle über ihre Haut und beobachte, wie sich die Härchen auf ihrem Arm aufstellen. Sie seufzt:
»Das ist meine Lieblingsstelle«, sagt sie.
»Ich weiß«, sage ich.
Sie brummt zufrieden.
»Du bist echt der Beste. Ernsthaft. Mit dir ist alles so gut. Ich fühl mich wohl bei dir«, sagt sie.
Plötzlich erscheint es mir wichtig, dass Milka alles über mich weiß. Die Vergangenheit ist vorbei und ich weiß selbst, dass es nur Phasen waren, aber in diesem Moment erscheint es mir wichtig. Ich will, dass Milka alles weiß; rückhaltlos will ich ihr alles erzählen. Keine Geheimnisse, niemals.
Doch das Geständnis stellt sich quer in meinem Hals und ich muss mich räuspern.
»Na ja«, sage ich und spüre einen Kloß im Hals.
Milka hat gute Antennen. Sie rollt sich herum und schaut mich direkt an.
»Wie, na ja?«, sagt sie. »Grad ist doch alles voll gut!«
»Ja, mit dir schon«, sage ich und bereue fast, dass ich davon angefangen habe. (S.99)

-

#nofilter. Das vermutlich Schönste an dieser Lektüre ist, dass Sabine Wirsching nichts verschönert und nichts dramatisiert. Und schon gar nicht wird ein Ende erzählt, das eine heile Welt darstellt. Die Realität ist emotional und allein deshalb schön genug: die Beziehung ist warm, liebevoll, neu und aufregend. Viele kleine Details in der Erzählweise der Autorin ermöglichen es, die „Schmetterlinge im Bauch“ und die Unbeschwertheit der neuen Liebe mitzufühlen. Die Belastung aufgrund der Depression des einen Partners geht einem beim Lesen aber ebenfalls nahe – insbesondere, weil die Tragweite der Krankheit Seite für Seite immer präsenter wird.

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Liebe. Wer schon einmal verliebt war, in die „richtige“ Person, dürfte sich in dem Buch wiederfinden. Geschildert wird unserem Eindruck nach nicht irgendeine Verliebtheit, sondern eine, die zur Liebe reift. Umso mehr Freude macht es, zu lesen, an welchen Kleinigkeiten dies zu beobachten ist.

Leben. Das Leben ist kein Zuckerschlecken und ähnliche Sprüche lassen wir mal beiseite. Aber es ist doch schön, wenn die unschönen Dinge erzählt werden: wie depressives Verhalten andere Menschen beeinflusst, oder wie intensive Gefühle jemanden abhängig machen können.

Buchtipp für Frauen, Männer und Leseratten: Drei Worte

Eine tolles, fesselndes Buch sowie ein Beweis, dass die Handlung guter Bücher über Beziehungen und Liebe nicht immer in England, auf Burgen oder im Sommerurlaub spielen und nicht zwingend ein dunkles Familiengeheimnis aufdecken muss (nicht von den Bücherinseln in Buchhandlungen beirren lassen, auf denen „Frauenlektüre“ ausgestellt ist!). Außerdem ist es ein Buch für alle, die auf ein Happy End gerne verzichten mögen.

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Buchcover „Drei Worte“ © kladde buchverlag / Sabine Wirsching

Fragen an die Autorin Sabine Wirsching

Liebe Sabine, danke für das tolle Buch! Du hast in deiner Mail an uns gesagt, dass das eigentliche Thema in dieser Geschichte für dich die Co-Abhängigkeit ist. Was genau ist das für dich: ab wann ist man co-abhängig und warum ist das wichtig für dich?

SABINE: So verschieden meine Geschichten auch sind: Die Liebe ist letztlich immer das Leitthema. Oder „Leidthema“ wie ich es fast auch nennen könnte, denn meine Figuren erleben eigentlich nie ein klassisches Hollywood-Happy-End. Im Gegenteil: Wo bei gängigen Liebesschnulzen der Vorhang fällt, beginnen meine Geschichten erst. Denn es bleibt ja nicht beim Zauber des Anfangs, sondern irgendwann kommt immer auch der Alltag und das kratzt ja in der Regel am zunächst perfekt anmutenden Lack des neuen Partners. Was kommen dann für Probleme auf einen zu? Und wie meistert man dann die? Kann es trotzdem gutgehen? Das sind die Fragen, die mich bei Beziehungen interessieren, und darüber schreibe ich dann.

Autorin und Bloggerin: Sabine Wirsching

Lange Vorrede, kurzer Sinn: Co-Abhängigkeit hat vermutlich jeder schon einmal erlebt, manchmal bewusst und noch viel öfter vermutlich unbewusst. Co-Abhängigkeit wird oft nur im Zusammenhang mit Alkoholismus verwendet, aber es kann eben auch bei Krankheiten auftreten – zum Beispiel eben bei der von mir beschriebenen Depression. Hier unterstützt der „gesunde“ Partner im Idealfall natürlich, aber das ist immer auch ein Drahtseilakt. Wenn sich alles nur noch um das Wohl des „kranken“ Partners dreht, während der andere auf der Strecke bleibt, ist meiner Meinung nach die Grenze zur Co-Abhängigkeit überschritten. Natürlich gibt es dabei stärkere und schwächere Ausprägungen, aber eine gesunde und stabile Partnerschaft sieht eben doch eigentlich anders aus.

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Das ist jetzt sehr allgemein gefragt: Wie kam es zu der Geschichte? Vielleicht magst du einige Worte erzählen, wie du auf diese Thematik gekommen bist.

SABINE: Ich mache bei dem Phänomen der Co-Abhängigkeit keine Ausnahme, denn auch ich habe mich schon an (potentielle und dabei potentiell gefährdete) Partner geklammert und mit aller Macht versucht, ihnen alles recht zu machen. Ohne Erfolg übrigens – zum Glück, muss man wohl sagen. Immerhin fiel es mir dadurch nicht allzu schwer, mich in Milka hinein zu versetzen.

Im Fall von „Drei Worte“ erzähle ich außerdem meine Version der üblichen Berliner Liebessaga: Denn, dass sich hier in der Hauptstadt zwei treffen, die in kürzester Zeit zwischen Club und Couch zuerst die große Leidenschaft feiern und dann übergangslos ins große Vergessen stürzen, ist wohl legendär.

Ich wollte einfach mal wissen, wie es dazu kommt. Wie kann einer zuerst wahnsinnig lieben und dann einfach hinschmeißen? Till war dabei mein Versuchskaninchen und Milka das Bauernopfer… oder ist es umgekehrt? Das können sich meine Leser gern selbst aussuchen (lacht).

- Artikel vom MDUuMDYuMjAxOA==

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